Am 5. Januar 2024 war es soweit: Abflug aus dem trüben Brandenburg nach Singapur. Micha hat mich zu einer Kaffeefahrt mit Daphne über den Indischen Ozean gebeten und ich habe JA gesagt. Die knallrote Ölzeugjacke brauchte ich exakt... 120m (vom Parkhaus am BER ins Terminal), danach während des gesamten Törns nie wieder. Stimmt nicht: am Airport Doha/Katar habe ich sie kurz übergezogen und bin gleich als vermeintlicher Mitarbeiter eines technischen Hilfswerks nach vorn ans Gate gebeten worden, um schneller einchecken zu können 😉
Der ganze Trip war ein permanentes Speed-Dating an Land (6 Länder in 9 Wochen für jeweils 2-5 Tage) mit viel Zeit auf dem Wasser dazwischen. Nach 3 Tage Sightseeing in Singpur ging es zusammen mit Micha nach Puteri/Malaysia, wo Daphne seit Oktober in der Marina lag. Bootsbastelei - Proviantieren - 9 Tage durch die Straße von Malakka - Stopover Langkawi für mehrere Tage. Dann die erste lange Überfahrt (11 Tage) stramm westwärts nach Sri Lanka - die indischen Nikobaren haben wir links und rechts liegen gelassen. Zwischendurch inmitten der Bengalischen See auch mal 2 volle Tage ohne Schiffssichtung - dann plötzlich ein Fischerboot bis auf 10m neben uns, um uns 3 große Fische an Deck zu werfen! Im Gegenzug wanderten 6 kühle Bierdosen in einer Tüte am Bootshaken zurück.
Anschließend für 6 Tage in Galle/Sri Lanka, für mich oft Arbeitszeit im Hotel mit 7 Stunden Zeitversatz bei den Online-Meetings mit Old Germany. 3,5 Tage bei Wind (endlich mal!), höherer Welle und Superpepp bis Uligan auf den Malediven. Nochmal 11 Tage auf See bis Socotra (eine Insel vor dem Horn von Afrika, die zum Jemen gehört und recht friedlich ist). Krasser Gegensatz zwischen wilden, vermüllten Orten und einer Traumlandschaft mit Canyons und den berühmten Drachenbäumen. Letzte Etappe für mich durch den Golf von Aden nach Djibouti - natürlich mußten die Huthis am 6. März versuchen, einen Frachter ganz in unserer Nähe mit Raketen zu versenken o-).
Während es zu Beginn entlang der malaysischen Küste noch subtropische Wetterküche gab war es, ansonsten im Nord-Ost-Monsun bis Afrika trocken und bisweilen zu windstill (als Ostseesegler ist man ja durchaus mal ordentlich Knatter gewohnt...).
Micha und ich waren gut einspielt, vor allem beim Wechsel der Nachtwachen im Rhythmus von 3 bis 3,5 Stunden (2.30 Uhr an Deck war immer recht hart...). Beim Kochen mußte Micha mit meinen leidlichen Basiserfahrungen bei der Zubereitung von Bratkartoffeln und Rührei leben (wozu gäbe es sonst Hafengastronomie?), dafür konnte ich beim Segel-Feintrimm einige Meilen und Stunden für uns herausholen. Insgesamt rissen wir 4.070 Seemeilen an 42 Seetagen ab. 25% davon lief die Maschine, nach 30 Stunden Motorfahrt begann Micha mal zu rechnen, wann wir stehen bleiben...
Sail away Daphne, nächstes Jahr klopfe ich auf dem Rückweg Richtung Stralsund nochmal an, um vielleicht über die Biskaya und durch die Bretagne dabei zu sein... Und danke Micha für die politischen Diskussionen, das Bier bei den - viel zu wenigen - Bergfesten und das energische Wecken während der Tiefschlafphasen.
![Stephan Wilhelm](http://sail.jungclaus.info/wp-content/plugins/a3-lazy-load/assets/images/lazy_placeholder.gif)