1. Hel – Ostsee-Wasserqualität
Nachdem inzwischen 300 Seemeilen in unserem Kielwasser liegen, führte mich der erste Termin meiner diesjährigen Sommertour auf die polnische Halbinsel Hel. Dort befindet sich das Meeresbiologische Institut der Universität Gdansk. Ich war dort mit der Leiterin Iwona Pawliczka verabredet, um mich über den ökologischen Zustand der Ostsee zu informieren.
Iwona begrüßte Uta und mich überaus freundlich und gab uns bei Kaffee, Tee und Obst zunächst einen groben Überblick über das Institut und ihre vielfältigen Aufgaben im Bereich Forschung und Lehre.
Als ich Iwona nach den Hauptursachen der sogenannten Todeszonen fragte, nannte sie fünf Problemfelder: An erster Stelle führte sie den Lebensraumverlust an. In Polen stelle vor allem der größtenteils unkontrolliert anwachsende Tourismus ein zunehmendes Problem dar. Ans Meer grenzende Gebiete werden mehr und mehr durch künstliche Sandstrände für Badegäste umgestaltet, so dass viele Habitate für Wasserpflanzen oder Laichplätze verloren gehen. Entscheidungsträgern in Verwaltung und Politik fehle oft das nötige Problembewusstsein in Umweltfragen. An zweiter Stelle steht die Überfischung vieler Gebiete. Ob durch zu hohe Entnahmen, oder als Kollateralschaden wie Beifang von Robben und Schweinswalen.
Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft landen auf dem dritten Platz. Hier sah sie die Verantwortung bei allen Anrainerstaaten. Deutschland und Polen belegen dabei die traurigen Spitzenplätze. Und Iwona erinnerte daran, dass auch Brandenburg über die Oder einen erheblichen Anteil dazu beiträgt und wünschte sich von mir, dass ich mich bei meiner Arbeit für die Reduzierung von Düngemitteln einsetze.
Schließlich benannte die Institutsleiterin den Klimawandel sowie die Zunahme von invasiven Arten. Besonders Neogobius melanostomus (Schwarzmund-Grundel), der vermutlich über Ballasttanks großer Frachter eingeschleppt wurde, gedeihe in der neuen Umgebung prächtig. Zum Ärger der hiesigen Fischer verdrängt er zunehmend heimische Fischarten.
Laut Iwona sei es das beste Gegenmittel, das Problem – also die Grundel – aufzuessen. Diese sei zwar nicht unbedingt eine Delikatesse, ihr Verzehr diene aber einem guten Zweck. Um es ganz konkret zu machen, übergab sie uns zehn Konservenbüchsen dieser Neozooten als Gastgeschenk. Wir revanchierten uns mit einem Bildband „Das Potsdamer Stadtschlosses – einst und jetzt“
Neben so vieler Fakten und Zahlen blieb natürlich auch noch etwas Zeit für die eine oder andere Geschichte. So berichtete Iwona uns von ihrer letzten Exkursion in Deutschland, bei der sie zu einem verendeten Schweinswal am Strand gerufen wurde und für dessen Bergung sie einen Landwirt um Hilfe bat. Nun heißen diese engen Verwandten der Delfine in fast allen Sprachen – wie auch im polnischen – übersetzt „Meeresschweine“ und so nannte sie ihren Fund dann auch gegenüber dem Bauern, den sie samt seinem Traktor angefordert hatte. Dieser wunderte sich dann während der gesamten Anfahrt, warum er wegen eines toten Meerschweins extra mit schwerem Gerät anrücken sollte. Am Fundort angekommen, klärte sich das Missverständnis schließlich auf und beide mussten trotz des traurigen Fundes herzhaft lachen.
Nach zwei Stunden interessanter Gespräche zeigte uns Iwona zum Abschluss noch das Becken mit den Robben, welche zu Forschungszwecken auf der Station gehalten werden und lies uns eine Fütterung beobachten. Es war ein schöner Auftakt meiner Sommertour und ich werde Iwona mit ihrem kleinen Institut auf jeden Fall in sehr schöner Erinnerung behalten. Und bei unseren Landwirtschaftsminister werde ich natürlich mein Versprechen an Iwona einhalten und ihm von den Folgen intensiver Landwirtschaft berichten – auch wenn diese nicht direkt vor der eigenen Haustür liegen. Am Montag folgt in Gdansk der zweite Termin. Dann geht es um den deutsch-polnischen Jugendaustausch.