Motorschaden vor griechischer Küste

Der Wind schläft ein, ca. 20 Seemeilen vor Pylos, wo Nicole (meine Crew für die Sizilien-Passage) an Bord kommen soll und der Motor springt nicht an. Nicht nur mein Ziel Pylos ist so unerreichbar, ich schaffe es vor Sonnenuntergang auch nicht in die Nähe irgendeiner anderen vernünftigen Ankermöglichkeit. Daphne schaukelt antriebslos in der Windabdeckung zwischen dem Festland und den vorgelagerten Inseln. Nach kurzer hektischer Fehlersuche zeigt ein Blick auf den Ölmessstab die Ursache der Startverweigerung: Eine milchige Masse anstelle von Öl klebt an ihm. Sie schmeckt salzig. Seewasser hat also irgendwie den Weg in Daphnes Motor gefunden und ich rechne mit dem Schlimmsten – einem Motor-Totalschaden. Mich überkommt ziemliche Panik und ich denke bereits an einen Notruf, um mich abschleppen zu lassen. Wie schön wäre es jetzt, in einem Wohnmobil zu sitzen und ganz entspannt den ADAC anzurufen. Vorsichtshalber bereite ich die Schleppleine vor, zögere aber noch. Ein offizieller Notruf würde eine ziemliche Formalie lostreten. Nach der Reparatur muss ein Gutachter aufs Boot, um die Erlaubnis zur Weiterfahrt zu erteilen. Und dieser ist teurer und aufwendiger zu organisieren als die Reparatur selbst.

Durch einen Segelkollegen von Kreta bekomme ich telefonischen Kontakt zu einem Motorenmonteur. Und dieser hätte sogar morgen Zeit. Das wäre wichtig, denn übermorgen ist Feiertag, unser Wetterfenster für Sizilien wäre dann passé. Noch dringender ist allerdings, dass ich zum Ankern irgendwo in Landnähe kommen muss. Inzwischen weht der Wind jetzt leicht von vorn – so wird das nie etwas. Ich beratschlage mich mit Uta und Sven, meinem Bootsexperten in Stralsund. Immerhin werde ich jetzt etwas klarer im Kopf. Schließlich treffe ich die Entscheidung, eine ordentliche Menge von dem verdorbenen Öl abzusaugen und durch frisches zu ersetzen. Wie durch ein Wunder springt der Motor daraufhin wieder an. Mir fällt ein Stein vom Herzen.

Natürlich ist das eigentliche Problem damit nicht behoben. Aber zumindest ist es kein Totalschaden und vor allem: Ich komme mit etwas Glück zumindest die acht Seemeilen in die nächstgelegene Bucht – Methoni. Laut dem Monteur wäre dort gut zu ankern und er könne morgen gegen Mittag vor Ort sein. Nebenbei wäre es auch viel schöner als mein eigentliches Ziel Pylos – aber das interessiert mich gerade überhaupt nicht. Zwei Stunden dauert die Fahrt mit niedrigster Drehzahl und immer mit dem großen Knall rechnend. Ich grübele darüber nach, was ein Kolbenfresser oder andere Folgeschäden für die mittelfristige Reiseplanung bedeuten würden. Olaf hat bereits den Flug nach Sizilien und von Sardinien gebucht, Markus zumindest den Hinflug nach Sardinien. Mit ihm soll es dann weiter nach Mallorca gehen und ab dort sind bereits Hendrik und anschließend Uta eingeplant. Für Ende Oktober habe ich in Portugal einen Landstellplatz gebucht. Alles ist nun infrage gestellt.

Nicole schrieb mir derweil, dass sich ihr Flug um sechs Stunden verspätet. Ich antworte ihr, dass ich ebenfalls länger als erwartet brauche und gebe ihr die neue Ankerbucht als Ziel. Natürlich berichte ich ihr auch von dem Drama. Sie reagiert gefasst. Ich zittere mich zwei quälende Stunden lang in die Bucht und kann schließlich trotz einiger anderer Yachten mit reichlich Platz den Anker ordentlich einfahren. Ich kann es kaum fassen: Daphne liegt sicher vor Methoni. In der Nacht hole ich Nicole vom Steg ab und wir spülen den Schrecken mit einem Ouzo und zwei Bier runter.

Am nächsten Tag kommt der Monteur wie versprochen mit einem klapprigen Transporter an das Dinghy-Dock, wo ich ihn schon sehnsüchtig erwarte. An Bord diagnostiziert er recht schnell, dass die Kugellager der Impeller-Antriebswelle ausgeschlagen sind und dadurch die Dichtungen beschädigt wurden. Wir spülen den Motor mit reichlich Öl und fahren zurück zu seinem Transporter, vielleicht hat er ja zufällig die passenden Teile irgendwo in seinen zahnlosen Kisten und dabei. Und tatsächlich: Nach einiger Zeit zaubert er aus seinen Kramkisten sowohl zwei Kugellager als auch die richtigen Dichtungen hervor. Drei Stunden nach seiner Ankunft läuft der Motor wieder. Die Seewasserpumpe ist dicht – meine Erleichterung ist unbeschreiblich. Keine 24 Stunden später sind wir auf dem Weg nach Sizilien.

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